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Schloss Beuggen, auch Buchem (1215), Buchein (1253), Bivcheim (1253), Büken (1266), Beukheim oder Beuken genannt[1], ist ein 20 Kilometer östlich von Basel am baden-württembergischen Ufer des Rheins, auf dem Gebiet der Stadt Rheinfelden (Baden) im Landkreis Lörrach, gelegenes ehemaliges Wasserschloss. Die Anlage diente 560 Jahre lang als Sitz des Deutschen Ordens in der Ballei Schwaben-Elsass-Burgund; sie ist heute die älteste noch erhaltene Kommende dieses Ritterordens überhaupt. Nach der Auflösung der Deutschordenskommende im Jahre 1806 wurde das Schloss während der Befreiungskriege gegen Napoleon Bonaparte zwei Jahre als Lazarett genutzt. Einer Theorie zufolge soll Kaspar Hauser, dessen Identität bis heute nicht geklärt ist, zwischen 1815 und 1816 anderthalb Jahre im Schloss gelebt haben. Ab 1820 bis 1980 war es ein Kinderheim. Heute dient Schloss Beuggen als Tagungs- und Begegnungsstätte der Evangelischen Landeskirche in Baden sowie Ort verschiedener Veranstaltungen.
Das Schloss wurde 1268 vom Deutschen Ritterorden fertiggestellt und geht auf eine Schenkung vom Reichsministerialen Ulrich von Liebenberg vom Mai 1246 zurück.[2] Dieser erwarb das Herrschaftsrecht von einem Ritter Mangold von Beuggen, der die Burg Buckein[3] aufgrund hoher Schulden verkaufte. Die Schenkungsurkunde[4] nennt neben dem Hof Buckein eine „Kirche und seine Burg daselbst“. Mit der Kirche ist die alte Pfarrkirche St. Michael der Gemeinde Karsau gemeint. Der Standort der Burg ist unklar; vermutet wird, dass sie auf der Anhöhe nördlich von Beuggen stand,[5] auf Höhe der dortigen Rheinbiegung. An die Burgstelle erinnert die auf diese Anhöhe führende Burstelstraße. Der Schenkung wohnten weltliche und geistliche Vertreter bei, wie der damalige Bischof von Basel, Leuthold II. von Rötteln. In der Nachfolge der Kommende Rouffach kam Beuggen vom Ende des 13. bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts die führende Rolle in der Ballei Schwaben-Elsass-Burgund zu. Der Schenkung Ulrichs von Liebenberg folgte kurze Zeit darauf im Jahre 1247 Ita von Klingen, geborene von Tegerfelden, die ebenfalls ihre Besitzungen in Beuggen der Deutschordenskommende vermachte.[6] Ita von Tegerfelden und Ulrich von Liebenberg scheinen miteinander verwandt gewesen zu sein. Dies lässt sich aus einer Urkunde vom 1. August 1248 schliessen worin Ulrich von Liebenberg auf alle seine Rechte an die der Kommende Beuggen übergebenen Erbe der Ita von Tegerfelden verzichtet.[7]
Vermutlich um 1443 oder 1444,[8] als Beuggen endgültig in das vorderösterreichische Territorium eingegliedert war, wählte man die Kommende Altshausen (→ Schloss Altshausen) zum Hauptsitz der Ballei. Wirtschaftlich waren die Einnahmen von Beuggen Anfang des 15. Jahrhunderts mit 1797 Gulden gegenüber denen von Altshausen mit 2155 Gulden ähnlich hoch; andere Kommenden in der Ballei waren weit abgefallen. Dass der Orden trotzdem die Verlagerung des Hauptsitzes von Beuggen nach Altshausen vornahm, hatte zwei Gründe. Zum einen war Altshausen geografisch weniger exponiert als Beuggen und damit von französischen Raubhorden nicht so gefährdet.[9] Zum anderen erhielt Altshausen bereits 1389 die für die Festigung ihrer Macht wichtige Hohe Gerichtsbarkeit zugesprochen – Beuggen erhielt sie erst Ende des 18. Jahrhunderts.[10]
Während der Bauernkriege wurde Schloss Beuggen im Mai 1525 erstürmt und geplündert. Dabei vernichteten die Bauern auch viele Dokumente ihrer Abhängigkeit. Der Komtur Ludwig von Reischach floh nach Basel und wurde dort evangelisch.[11] Aus der Erfahrung der Bauernkriege ließ Reischachs Nachfolger, Georg von Andlau, die Befestigungsanlage verstärken und den Burggraben vertiefen und mit Wasser aufstauen. Er ließ eine zweite Ringmauer mit fünf runden Wehrtürmen errichten und das alte Tor zugunsten des 1534 erbauten oberen Tors mit größerem Durchgang zumauern.[12] Zwischen 1585 und 1598 wurde das Neue Schloss erbaut. Auch während des Dreißigjährigen Kriegs war das Schloss immer wieder Ziel von Angriffen und Plünderungen.[12] Die Schweden belagerten und eroberten zweimal 1633 und 1638 von Beuggen aus die Stadt Rheinfelden. Sechs Tage nach Abschluss des Westfälischen Friedens, am 30. November 1648, gab der elsässische Landkomtur Stain der Mergentheimer Ordensregierung einen umfangreichen Bericht ab. Neben Straßburg, Rufach, Mülhausen, Basel, Andlau, Gebweiler und Kaysersberg war auch die Kommende Beuggen lange Jahre als Besitz abhandengekommen. Die Ballei Elsaß hatte insgesamt 12.400 Gulden an Satisfaktionsgeldern an die Schweden abzuführen.[13]
Beuggen zählte zusammen mit Freiburg im Breisgau und Mülhausen zu den drei Balleihäusern, die den vorderösterreichischen Territorialhoheiten unterstellt waren. Diese habsburgische Vorherrschaft stand im Gegensatz zu den Ordensprivilegien und so versuchte der Deutschritterorden sich im 16. und 17. Jahrhundert dem unliebsamen habsburgischen Einfluss zu entziehen, was allerdings misslang.[14]
Von 1752 bis 1757 wurde das Schloss nach Entwürfen des Ordensbaumeisters Johann Caspar Bagnato im barockem Stil umgebaut und durch einen Erweiterungsbau ergänzt, wodurch es mehr als die doppelte Größe erlangte. Der Schlossgarten wurde ebenfalls barockisiert und erweitert, eine Orangerie wurde erbaut.
Zunächst noch von der Säkularisation im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 verschont, wurde 1806 auch der Deutsche Orden enteignet. Die Schlosskirche und die ehemalige Firmerie (Krankenstube) gingen in den Besitz der katholischen Pfarrgemeinde Karsau über. Der Rest der Anlage wurde der Großherzoglichen Badischen Domänenverwaltung übergeben. Der Schlossgarten ist seither nur noch in Grundstrukturen erhalten (Grundstücksgrenzen, Lindenallee und Gärtnerhaus am Rhein, ein altes Gartentor). Die Orangerie wurde abgebrochen, die Orangenbäume wurden nach Basel verbracht.
In den Befreiungskriegen dienten ab Dezember 1813 die nach der Säkularisation zunächst leerstehenden Gebäude als Kriegslazarett für die Armee Schwarzenbergs. Schwarzenbergs böhmisches Heer, das zwischen Genf und Wissembourg lag, hatte sein Quartier in Lörrach aufgeschlagen (→ Lörrach zur Zeit der Befreiungskriege) und benötigte geeignete Unterkünfte hinter der Frontlinie. Das zu dieser Zeit verlassene und ungenutzte Schloss wurde von der österreichischen Armee zum Feldlazarett erklärt. In wenigen Wochen wurde das Schloss und seine Nebengebäude vollständig mit Kranken und Verwundeten gefüllt.
Die Verwundeten litten unter Typhus, Pocken und anderen Seuchen. Pfleger und Ärzte waren überfordert. Teilweise grassierten die ansteckenden Krankheiten bis in die benachbarten Ortschaften.[17] Zudem reichten die Medikamente für die Kranken nicht aus. Da das Personal die Krankensäle nicht mehr betreten wollte, wurden an manchen Türen Öffnungen zum Hindurchreichen von Essen durchgebrochen. Diese Aussparungen sind an den Türen noch heute zu erkennen.
Etwa 3000 österreichische und 300 deutsche tote Soldaten aus diesem Lazarett wurden in einem Massengrab in der Nähe des Schlosses beigesetzt;[18] zum Gedenken wurde am 25. Juni 1911 ein Denkmal nahe der Bahnlinie errichtet, die etwa 100 Meter östlich der Anlage verläuft. Das Schloss blieb für fünf Jahre im Zustand völliger Verwahrlosung.
Am 17. April 1820 richtete die Deutsche Christentumsgesellschaft unter Leitung von Christian Friedrich Spittler und Christian Heinrich Zeller ein Seminar für Armenlehrer und ein Erziehungsheim für verwahrloste Kinder ein.[29] Vier Wochen später umfasste der Haushalt zehn Schullehrerzöglinge, 20 Jungen, zehn Mädchen, dazu zehn Personen für die Hauswirtschaft sowie die Leitung von Zeller und seiner Familie. Vorbild dem Anstaltsgründer war Johann Heinrich Pestalozzi, der im Sommer 1826 das Heim für vier Tage besuchte und sich von der Arbeit Zellers beeindruckt zeigte.[30] Ausbildung von Kindern wie sie auf Schloss Beuggen praktiziert wurde, war zu dieser Zeit nur der Oberschicht vorbehalten. Damit gilt die Initiative von Zeller als Vorreiter für die Innere Mission, das Kinderheim wurde Vorbild zahlreicher ähnlicher Einrichtungen im Südwesten Deutschlands.[31]
Ab dem 25. Mai 1877 war das Kinderheim eine Schweizer Einrichtung auf badischem Boden. Das Schloss samt Landbesitz wurde von der badischen Domäne für 50.000 Gulden erworben.[32] Der Schweizer Schriftsteller und überzeugte Anhänger der NS-Ideologie Jakob Schaffner war als Kind von 1884 sieben Jahre im Kinderheim. Seine dortigen Erlebnisse verarbeitete er im Roman Johannes. Roman einer Kindheit. Der Marburger Maler und Illustrator Otto Ubbelohde zeichnete in der Zeit von 1912 bis 1916 eine Vielzahl von historisierenden aber auch realen Darstellungen von Schloss Beuggen. Es besteht die Möglichkeit, dass Ubbelohde in dieser Zeit angestellter Zeichenlehrer des Kinderheims war.[33] Zur Zeit des Dritten Reiches weigerten sich die deutschen Jugendämter mit der Schweizer Leitung zusammenzuarbeiten. Am 28. Juni 1937 fand die Gründung des Vereins der Freunde des Kinderheims Beuggen in Lörrach statt. Evangelische Religionslehrer wurden zwischen 1946 und 1953 in Beuggen ausgebildet. 1954 ging das Anwesen von der Basler Mission in den Besitz der Evangelischen Landeskirche in Baden über.
Bis 1980 diente Beuggen als evangelisches Kinderheim und Lehrerseminar. Im Heim waren zwischen 80 und 100 Kinder untergebracht. Die Konzeption der Großfamilie überholte sich und neue pädagogische Strömungen ließen die Zahl der Einweisungen in das Kinderheim zurückgehen. Auch die 1978 neu gebaute Schule konnte diese Entwicklung nicht mehr umkehren. Das Kinderheim wurde deshalb 1981 endgültig geschlossen. Heute befindet sich auf dem Gelände eine Außenstelle des Kinderheims Tüllinger Höhe.[34]
Seit 1985 wird das Schloss als evangelische Tagungs- und Begegnungsstätte genutzt, die dem Verband Christlicher Hotels angeschlossen ist. Die erste Umbauphase dazu war 1989 abgeschlossen. Das Haus der Kirchenmusik, eine Aus- und Fortbildungsstätte der Evangelischen Landeskirche in Baden für Kirchenmusiker, ist dort untergebracht. Dazu bieten 15 Tagungsräume und -säle sechs bis maximal 200 Personen Platz. Auch die Schlosskirche kann für Anlässe gemietet werden. Neben einem Gastronomieservice bietet das Schloss auch 54 Gästezimmer an. Vom ADFC wurde dem Schloss, das direkt am Rheintal-Fernradweg, Südschwarzwald-Radweg und an der regionalen Touristikroute „Mythische Orte am Oberrhein“ liegt, das Qualitätszeichen „Bett+Bike“ verliehen. 2010 erhielt das Tagungshaus von der Landeskirche das Umweltzertifikat „Grüner Gockel“.[35] Neben hauseigenen Tagungen und Gottesdiensten finden Seminare und Feste im Schloss Beuggen statt. Außerdem ist das Gelände alljährlich Standort einer Kunsthandwerker- und einer Gartenmesse sowie weiterer Veranstaltungen.
2005 siedelte sich die Kommunität Beuggen in Schloss Beuggen an. Vor einigen Jahren wurde im Bereich des ehemaligen Barockparks ein Bodenlabyrinth angelegt. 2006 entstand im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Empfangs und der Speiseräume im Schlossgarten ein Bibelgarten, in dem im Juli 2010 die Jahrestagung des Netzwerks der deutschen Bibelgärten stattfindet.
Im Zuge des Neubaus des Wasserkraftwerks Rheinfelden musste ab 2008 das Schlossfundament gesichert werden, da sich durch den Rückstau der Wasserspiegel des Rheins an dieser Stelle voraussichtlich um 1,40 Meter heben wird. Dazu wurden die Grundmauern mit Folien und Injektionen abgedichtet.[36] Im Rahmen der Umbau- und Sanierungsmaßnahmen, die bis ins Jahr 2009 dauerten, wurde der südliche Innenhof der Schlossanlage und die Bepflanzung erneuert. Vor der dem Rhein zugewandten Fassade des Alten Schlosses wurde eine kleine neue Uferterrasse angebaut.
Das Schloss Beuggen ist nach Westen hin halbkreisförmig ummauert. Der Mittelpunkt dieses Halbkreises befindet sich etwas außerhalb der nördlichen Ecke des Alten Schlosses. Dieser sogenannte Regelgrundriss hatte in der mittelalterlichen Architektur oft eine besondere Bedeutung. Ein Kreis mit Achsenkreuz galt als Bild Jerusalems, der Stadt nach der sich der Deutschorden orientierte. Der Grundriss Beuggens könnte somit als „halbes“ Jerusalem aufgefasst werden.[37] Die Ummauerung zieht sich bis an die Ufer des Rheins, so dass zusammen mit dem Burggraben eine fast inselartige Situation besteht. Der Burggraben südlich des Oberen Tores ist erhalten geblieben. Die Ringmauern aus dem 13. Jahrhundert wurden um 1530 durch den Bau einer zweiten Mauer verstärkt. Mindestens fünf Rundtürme und ein Graben von 16 Meter Breite und 7 Meter Tiefe schützten Schloss Beuggen. Der nördliche Teil des einstigen Wassergrabens wurde zugeschüttet.
Die Beuggener Bauten stammen aus unterschiedlichen Epochen und vereinen in sich verschiedene Baustile. Wappen und Daten am Gemäuer der Gebäude verweisen auf Umbaumaßnahmen und Neuerrichtungen. Der Deutsche Orden baute seine Burgen vornehmlich in die Ebene in der Nähe von Fließgewässern, damit der Mühlenbetrieb möglich war. Die Anlage liegt auf 274 Meter über NN.[38] und ist die älteste erhaltene des ehemaligen Ordens (→ Liste der Kommenden des Deutschen Ordens).[39] Die B 34 und die Hochrheinbahn verlaufen westlich des Schlosses Beuggen. Am Schloss befindet sich ein Haltepunkt der Eisenbahnstrecke. Der Rheintal-Weg, ein Radfernweg am Rheinufer, führt mitten durch das Schlossgelände.
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