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Die Burg Kempen ist eine ehemalige Landesburg der Erzbischöfe von Köln, die dem Schutz des kurkölnischen Territoriums an dessen nordwestlicher Grenze diente. Sie steht im nordöstlichen Stadtkern der niederrheinischen Stadt Kempen im Kreis Viersen. Im 19. Jahrhundert im Stil der Neugotik umfassend verändert, geht sie auf eine mittelalterliche Gründung zurück und gilt neben der Burg Zülpich als „besterhaltene kurkölnische Burg des 14. Jahrhunderts“,[1] weil keine andere Anlage Kurkölns noch so viel originale Bausubstanz aus ihrer Anfangszeit vorweisen kann. Bis zum Einmarsch der Franzosen 1794 war sie der Wohnsitz des Schultheißen für Stadt und Amt Kempen, der gleichzeitig auch kurfürstlicher Kellner war. Die Burg war zeitweilig sogar Sitz des hohen Gerichts, und ihre Türme dienten als Gefängnis und Verlies.[2]
Im 17. Jahrhundert ließ Ferdinand von Bayern die Anlage im Stil der späten Renaissance zu einer repräsentativen Residenz umgestalten, doch ein Brand Mitte des 19. Jahrhunderts zerstörte große Teile von ihr. Der anschließende Wiederaufbau im historistischen Stil nahm dem Gebäude den schlossartigen Charakter, sodass man heute wieder von einer Burg spricht.
Das seit dem 26. September 1983[3] unter Denkmalschutz stehende Gebäude wird derzeit durch das Stadtarchiv Kempen und das Viersener Kreisarchiv sowie durch die Kreisvolkshochschule genutzt. Seit Juni 2010 ist zudem die Geschäftsstelle des Kulturraums Niederrhein Mieterin einiger Büroräume.[4] Die Burg Kempen ist innen nur nach vorheriger Absprache zu besichtigen, ihre Außenanlagen sind für die Öffentlichkeit jedoch jederzeit zugänglich.
Nach der verlorenen Schlacht von Worringen im Jahr 1288 war Kempen für Kurköln als Bollwerk gegen Jülich und Brabant sehr wichtig. Deshalb verlieh Siegfried von Westerburg der Siedlung am 3. November 1294 Stadtrechte und ließ sie befestigen. Zu jener Zeit existierte in Kempen schon ein befestigter Hof, der im Laufe der nachfolgenden Zeit zu einer Burg ausgebaut wurde. 1314 verpfändete Erzbischof Heinrich von Virneburg das oppidum und Land Kempen an Dietrich Luf III. von Kleve, der ihm zuvor die Grafschaft Hülchrath für 30.000 Mark verkauft hatte.[11] Dietrich Luf blieb im Besitz der Burg, bis die volle Kaufsumme für die Grafschaft im Jahr 1230[12] bezahlt war. Es gibt keine überlieferte Urkunde, die von der genauen Gründung der Burg in Kempen kündet. Lange Zeit galt 1316 als Baujahr, doch dieses seit dem 17. Jahrhundert überlieferte Datum resultierte aus der falschen Lesart einer Bronzetafel, die früher im Innenhof der Kempener Burg eingemauert war und sich heute im städtischen Kramer-Museum befindet. Schon 1347 wird die Burg urkundlich erwähnt, als der Ritter Reinhard von Schönau Burg, Stadt und Land Kempen übertragen bekam.[12] Im Jahr 1364 erfolgte unter Erzbischof Engelbert III. eine Verpfändung an seinen Neffen Adolf III. von der Mark.
Friedrich von Saarwerden beauftragte am Ende des 14. Jahrhunderts den Küster der Kempener Pfarrkirche und späteren Schultheißen sowie Kellner, Johann(es) Hundt, als Baumeister mit dem Um- und Ausbau der Burg Kempen nach den Vorbildern in Lechenich und Zülpich.[14] Richard Klapheck vermutet, dass die Ähnlichkeiten der drei Anlagen daraus resultieren könnten, dass Hundt schon zuvor in Lechenich und Zülpich als Baumeister tätig war.[15] An der Kempener Burg war sein Symbol, ein Hund, fünfmal zu sehen. Nach Ende der Arbeiten war sie eine recht schmucklose Zweiflügelanlage, deren Hof im Norden von einer starken Ringmauer begrenzt war. Später entstanden an dieser Wehrmauer weitere Gebäude, die einen dritten Flügel bildeten. 1569[16] erfolgten Erweiterungen und Instandsetzungsarbeiten durch Salentin von Isenburg, bei denen unter anderem auch der baufällig gewordene Torturm der südlich der Kernburg gelegenen Vorburg erneuert wurde. Der Turm besaß zwei Geschosse, die von einem Pyramidendach bedeckt waren. Im obersten Geschoss kragten an den Ecken vier runde Scharwachttürme mit hohen Kegeldächern hervor. Dem Turm schlossen sich langgestreckte Wirtschaftsgebäude an, darunter Zehntscheune, Remisen und Ställe. Sie begrenzten die Vorburg an deren westlicher und südöstlicher Seite. An der Nordwest-Ecke stand ein runder Turm, dessen Reste heute noch erhalten sind. Der Hof der Vorburg diente im 16. und 17. Jahrhundert als Versammlungsplatz, auf dem der Amtmann Vogtgeding abhielt.[9]
Mitten im Dreißigjährigen Krieg gab Ferdinand von Bayern seinem Amtmann Konstantin von Nievenheim 1634 den Auftrag, die wehrhafte Burg im Stil der Spätrenaissance umzugestalten. Dabei wurde die Anlage sowohl innen als auch außen stark verändert. Außer den Wehrelementen war von dieser Umgestaltung vor allem die westliche Hauptfassade betroffen. Ihre bisherigen schmalen Luken und Scharten wurden durch große Kreuzstockfenster mit Hausteinfassung ersetzt. Dies nahm der Kernburg ihren Befestigungscharakter und verwandelte das Gebäude in ein kurfürstliches Schloss mit renaissancezeitlichem Dach, Rittersaal, Schlosskapelle und Prunkgemächern für den Landesherrn. Doch obwohl besonders die Wohnlichkeit bei den Umbauten im Vordergrund stand, wurden der Anlage gleichzeitig zusätzliche fortifikatorische Elemente zugefügt. So wurde der letzte Teil der festen Brücke durch eine Zugbrücke ersetzt, die äußere Ringmauer verstärkt und eine Barbakane nordöstlich der Burg zu einer Bastion ausgebaut. Diese Maßnahmen konnte aber nicht verhindern, dass am 7. Februar 1642, nach zehntägigem, heftigem Beschuss der Stadt, vereinigte französische, hessische und weimarische Truppen unter dem französischen Marschall Guébriant und dem hessischen Generalleutnant Kaspar Graf von Eberstein nach ihrem Sieg in der Schlacht auf der Kempener Heide in die Stadt einmarschierten und die Burg einnahmen.[17] Sie hielten sie bis zum Ende des Krieges besetzt.
1794 marschierten französische Revolutionstruppen in Kempen ein und besetzten es. Die Burg diente als Magazin und Lazarett,[2] ehe sie 1802 säkularisiert und zu französischem Nationaleigentum erklärt wurde. Der letzte kurfürstliche Beamte, Franziskus Ermans, erwarb die Anlage für etwa 4000 Reichstaler von der französischen Domänenverwaltung.[18] Von ihm kam sie im Jahr 1807 für 6000 klevische Reichstaler[18] an den Krefelder Seidentuchhändler Peter von Loewenich (auch Löwenich, Lövenich und Loevenich geschrieben), der sie entfestigen ließ. Dabei wurde der gesamte Nordflügel der Burg abgerissen und die Bastion geschleift. Später kamen die Gebäude an den Krefelder Peter Floh, von dem sie die Stadt Kempen 1857 für 8000 Taler[16] kaufte. Zu jener Zeit war die Anlage nur noch eine Ruine, denn am 20. Juli 1851[19] hatte ein Brand die Gebäude bis auf die Mauern vollkommen zerstört. Von 1861 bis 1863 erfolgte unter der Leitung des Königlichen Regierungs- und Baurats Krüger aus Düsseldorf ein Wiederaufbau der Burg im Stil der Neugotik, nachdem der Architekt Heinrich Wiethase zuvor diverse Rekonstruktionszeichnungen für die Anlage angefertigt hatte. Die Burg sollte fortan als Schulgebäude für das Gymnasium Thomaeum dienen. Zu diesem Zweck wurde das Hauptgebäude nicht nur wiederaufgebaut, sondern auch tiefgreifende Veränderungen an der noch erhaltenen Bausubstanz vorgenommen. Sein Inneres wurde weitgehend entkernt und seine Einteilung ohne Rücksicht auf die bis dahin existierende Raumgestaltung vollständig dem neuen Zweck angepasst. Die 2,50 bis 2,70 Meter dicken Außenmauern wurden bis auf eine Stärke von 0,7 bis 0,95 Meter[8] abgeschält, um mehr Raum zu erhalten. Darüber hinaus wurde das Äußere der hofseitigen Fassade des Westflügels vereinheitlicht, die Zinnen der Türme wiederhergestellt und sämtliche Fenster erneuert. Um Platz für einen Schulhof zu erhalten, wurde 1868 der zweistöckige Torturm der Vorburg abgebrochen, nachdem schon 1867 die daran anschließenden Flügelbauten niedergelegt worden waren.[20]
Die Burg diente bis 1925 als Schulgebäude. Nach ein paar Jahren Leerstand mietet der damalige Landkreis Kempen-Krefeld das Gebäude 1929 an, um es als Sitz der Kreisverwaltung zu nutzen. Der im Jahre 1934 durchgeführte Innenumbau in kleinere Büroeinheiten sowie der Ausbau des Dachbodens zu einem leicht auskragenden Dachgeschoss konnte jedoch dem zusehenden Verfall des Gebäudes nicht langfristig entgegenwirken. 1939 wechselte die Anlage vom städtischen Besitz in den des Kreises. Durch Bombentreffer und Brand im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, wurde sie bis 1951[21] wieder instand gesetzt und 1976 noch einmal ausgebessert[22]. Nachdem die Kreisverwaltung 1984 nach Viersen verlegt worden ist, dient die Burg Kempen seitdem als Kreis- und Stadtarchiv und ist zudem Sitz der Kreisvolkshochschule.
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