Kaiserpfalz Goslar
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Die Kaiserpfalz Goslar umfasst ein Areal von etwa 340 mal 180 Metern, gelegen am Fuße des Rammelsbergs im Süden der Stadt Goslar, auf dem sich im Wesentlichen das Kaiserhaus, das ehemalige Kollegiatstift „St. Simon und Judas“, die Pfalzkapelle „St. Ulrich“ und die Liebfrauenkirche befinden, bzw. befanden. Das Kaiserhaus ist der größte, älteste und zugleich besterhaltene Profanbau des 11. Jahrhunderts in Deutschland. Er diente insbesondere den Salierkaisern als bevorzugte Aufenthaltsstätte. Das Gebäudeensemble der Kaiserpfalz hat bereits im 11. Jahrhundert derart beeindruckt, dass der Chronist Lampert von Hersfeld vom „berühmtesten Wohnsitz des Reiches“ spricht. Der Pfalzbezirk gehört seit 1992 gemeinsam mit der Goslarer Altstadt und dem Rammelsberg zum Weltkulturerbe der UNESCO.

 

Die frühesten Ursprünge der Kaiserpfalz liegen vermutlich in einem königlichen Jagdhof, wie ihn Adam von Bremen für die ottonische Zeit erwähnt. Bereits Heinrich II. hatte um 1005 einen ersten Pfalzbau in Goslar errichten lassen, der, sicher aufgrund der reichen Erzfunde des nahen Rammelsbergs, der unweit gelegenen Pfalz Werla schnell den Rang ablief. In den 1030er Jahren begann Konrad II. die Anlage auszubauen, indem er u. a. den Grundstein für die Liebfrauenkirche legen ließ. Vollendet und zugleich zum Höhepunkt geführt wurde das Areal von seinem Sohn, Heinrich III.. Dieser berief 1048 einen der bedeutendsten Baumeister seiner Zeit, den späteren Bischof von Osnabrück, Benno II., nach Goslar. Unter dessen fachkundiger Leitung wurden in der ersten Hälfte der 1050er Jahre die Bauten beendet, an denen seit den 1040er Jahren gearbeitet wurde: ein neues, das uns heute bekannte Kaiserhaus und die Stiftskirche „St. Simon und Judas“. Weitere Umbau- oder Erneuerungsmaßnahmen des Saalbaues sind anhand der spärlichen Reste der Bauplastik ins späte 12. Jahrhundert zu datieren. Die ursprüngliche Pfalzkapelle östlich des Saalbaues, eine Liebfrauenkirche des 11. Jahrhunderts existiert nicht mehr, ihr Grundriss ist jedoch durch eine Fundamentgrabung gesichert. Die jüngere Pfalzkapelle, eine Doppelkapelle, die dem Heiligen Ulrich geweiht ist befindet sich weiter südlich in unmittelbarer Nähe des jüngeren, heute nicht mehr existierenden Wohnpalastes. Sie konnte inzwischen sicher der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts zugewiesen werden, wobei das Obergeschoss erst im Zuge eines Planwechsels oder einer nachträglichen Aufstockung (wohl in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts) entstand.

 

Die Pfalz ist eine der fünf Pfalzanlagen im heutigen Niedersachsen (Dahlum, Werla, Grona, Pöhlde).

Im Pfalzbezirk ereigneten sich zahlreiche besondere historische Begebenheiten, zum Beispiel:
Am 11. November 1050 wird Heinrich IV. im Pfalzbezirk geboren.
Im Spätsommer 1056 war Papst Viktor II. mehrere Wochen lang Gast Heinrichs III. in der Kaiserpfalz. Er war auch bei dessen Tod in Bodfeld am Harz zugegen und organisierte anschließend die Regierungsübernahme durch Heinrichs Witwe, Kaiserin Agnes.
An Pfingsten 1063 kommt es beim „Goslarer Rangstreit“ im Dom zu einem Blutbad, dessen Zeuge der junge Heinrich IV. wird. Es entbrennt zwischen dem Bischof Hezilo von Hildesheim und dem Abt Widerad von Fulda ein Streit über die Sitzordnung, der in einem halbtägigen, blutigen Gemetzel endet.
Im Sommer 1073 muss Heinrich IV. vor den aufständischen Sachsen aus der Kaiserpfalz auf die nahegelegene Harzburg fliehen.
An Weihnachten 1075 empfängt Heinrich IV. in Goslar ein Schreiben Papst Gregors VII., in dem dieser ihm die Exkommunizierung androht: der Investiturstreit beginnt.
1081 lässt sich der Gegenkönig Heinrichs IV., Hermann von Salm, in der Pfalz krönen und salben.
Zwischen 1152 und 1188 ist die Kaiserpfalz teils Austragungsort, teils selbst Gegenstand des Streits zwischen Kaiser Friedrich I. und Herzog Heinrich dem Löwen.
Im Juli 1219 hält Friedrich II. in der Kaiserpfalz einen Reichstag ab und bekommt bei dieser Gelegenheit die Reichsinsignien überreicht, die Otto IV. auf der Harzburg verwahrt hatte.

1253 hielt sich mit Wilhelm von Holland letztmals ein Deutscher König in der Pfalz auf. Danach begann der Verfall der Anlage. 1289 zerstörte ein Brand viele Gebäude bis auf die Grundmauern. Das jüngere Wohngebäude wurde daraufhin bis auf das Fundament abgerissen. Im Jahr darauf ging der Pfalzbezirk in den Besitz der Stadt Goslar über. Der Saalbau diente eine Zeit lang als Gerichtsstätte, teils dem Goslarer Stadtvogt, teils als sächsisches Landgericht, wurde aber immer auch als Lager- oder Vorratsraum „missbraucht“. So dienten z. B. sowohl die Hallen des Kaiserhauses als auch das ältere Wohngebäude Mitte des 16. Jahrhunderts als Kornspeicher. Die Ulrichskapelle wurde ab 1575 als Gefängnis genutzt (was allerdings nicht unerheblich zu ihrer Erhaltung beigetragen hat). Die Türme der Liebfrauenkirche stürzten 1672 ein, der Rest der Kirche 1722, die Steine wurden als Baumaterial verkauft. Beim Dom ist bereits 1331 erstmals von einstürzenden Mauern die Rede, 1530 stürzte ein Turm ein. 1802 ist nur eine Ruine übrig, die am 19. Juli 1819 für 1504 Taler zum Abbruch verkauft wird. Nur die nördliche Vorhalle bleibt stehen und gibt heute einen kleinen Eindruck von der einstigen Größe des Doms.

1865 stürzten im Kaiserhaus wieder Mauern ein, und auf der Tagesordnung des Goslarer Rates stand damit das Thema „Abbruch“, der aber abgewendet werden konnte. Stattdessen empfahl eine staatliche Kommission die Restaurierung des Gebäudes. Die Bauarbeiten begannen am 14. August 1868. Am 15. August 1875 besuchte Kaiser Wilhelm I. die Baustelle und gab dem Projekt damit quasi die „nationale Weihe“. 1879 war die Restauration des Bauwerks abgeschlossen, das Ergebnis aber aus heutiger Sicht „über das Ziel hinaus geschossen“: Im nationalen Überschwang der Zeit hatte man den Bau ins Monumentale erhöht und diverse Bausünden begangen. Der Arkadengang vom Kaiserhaus zur Ulrichskapelle, die Freitreppenanlage vor der Ostfront, die zwei Nachbildungen des Braunschweiger Löwen und die Reiterstandbilder der Kaiser Barbarossa und Wilhelm I. (1900/01 errichtet, Beschriftung „Wilhelm der Große“, ohne jeden historischen Bezug), Änderungen der Fensterdurchbrüche im Sockelgeschoss sind am augenfälligsten. Auch im Inneren des Gebäudes zeugen die von Prof. Hermann Wislicenus in der Zeit von 1879 bis 1897 geschaffenen monumentalen, historisierenden Wandgemälde vom nationalen Hochgefühl jener Zeit.

In den Jahren 1913/14 und noch einmal 1922 wurden von Professor Uvo Hölscher archäologische Untersuchungen im Pfalzbezirk durchgeführt, denen die Wiederentdeckung der Fundamente der Liebfrauenkirche zu verdanken ist.

 

Die Kaiserpfalz gehört heute zu den herausragenden touristischen Attraktionen der Stadt Goslar und der gesamten Harzregion. Das Kaiserhaus kann täglich besichtigt werden, Führungen werden angeboten. Dazu wird das ältere Wohngemach zu Verwaltungs- und Ausstellungszwecken genutzt. Auch im Goslarer Museum (Stadtmuseum) findet man Ausstellungsstücke aus dem Pfalzbezirk, v. a. aus dem Stift St. Simon und Judas, z. B. den Krodoaltar und einige Chorfenster.

Seit 1992 gehört der Pfalzbezirk gemeinsam mit der Goslarer Altstadt sowie dem Goslarer Bergwerk Rammelsberg zum Weltkulturerbe der UNESCO. Im Pfalzgarten hinter dem Kaiserhaus steht seit 1975 die Plastik „Goslarer Krieger“ des Kaiserringträgers Henry Moore. An wärmeren Sommerabenden war die große Wiese rund um die beiden Statuen vor der Kaiserpfalz früher ein beliebter Treffpunkt für Menschen aller Art. Mittlerweile herrscht ein Alkohol- und Versammlungsverbot für das gesamte Gelände.


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