TunichtsKnut
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Verfasst am: 13.11.2012 23:42
Hallo zusammen,
gelegentlich nutze ich gern´die Zeit, um einige Episoden aus meinem Leben zu notieren, und sie dann auf der Seite unserer Mittelaltergruppe:
"CRACKASHARDT"
zu veröfffentlichen. Ich habe mich entschlossen, sie in unregelmäßigen Abstanden auch hier zum Besten zu geben.
Ich wünsche Euch ein wenig "Kurzweyl" beim schmökern.
Auf der anderen Seite vom Zaun
Es sollte sich wohl herumgesprochen haben, dass ich liebend gerne meine freien Wochenenden auf mittelalterlichen Märkten verbringe. Es gibt dort immer viele interessante Sachen zu sehen, zu riechen und besonders zu schmecken! Es ist so eine Art kleiner Urlaub, wenn ich über den Markt schlüre, sich ständig der beißende Qualm diverser Lagerfeuer in die Nase und die Augen frisst, so ich kaum zu Atmen wage. Der beißende Geruch lässt gelegentlich nach, wenn ich die Nähe einer Bräterey komme, in der ganze Sauen oder Ochsen über Holzkohle knusprig braun gegart werden, dann nämlich übertönt der Gestank vom verbannten Fett alle störenden Nebengerüche. In einigen Heerlagern, speziell jedoch auf der Bühne oder um die Tavernen herum, ertönen mittelalterliche Instrumente und Gesänge, die mich, wie der beißende Qualm, die ganze Nacht hindurch begleiten. Ein gefülltes Methorn oder ein Krug feinsten Bieres runden die Nacht ab, und ich fühle mich am nächsten Tag wie neu gerädert…. Die Heerlager! Sie gehören zum Markt, wie der warme Wachholder zum Bier. Man guckt, fragt, bekommt erklärt und lacht und scherzt miteinander. Wenn man so wie ich, viel Zeit auf dieser Art von Märkten verbringt, kennt man irgendwann auch seine Pappenheimer, wird selbst von ihnen erkannt und freut sich darauf sie wieder zutreffen. Man fühlt sich wie einer von ihnen, fast! Wenn da nicht der kleine Unterschied wäre….. Sie halten sich auf ihrem Areal, umfriedet von einem kleinen Zaun auf, während ich auf der anderen Seite des Zaunes bin. Doch das änderte sich bald. Einer Einladung, der Mittelalterlichen Truppe „Crackashardt“ folgend verbrachte ich ein Wochenende im Heerlager in Isselhorst!
"Selbstverständlich habe ich gut geschlafen" Sage ich zu der zerknitterten Gestalt, die am anderen Ende des Tisches sitzt und schmatzend ein Wurstbrötchen vernichtet. "Gibt es denn hier keinen Kaffee?" Der Brötchenesser, guckt sich exakt so weit um, wie man es macht wenn man in seiner unmittelbaren Umgebung etwas sucht, wie etwa seine Brille, ein Feuerzeug oder die Fernbedienung. "Leg doch einfach mal deinen Brotkanten an die Seite und geh mal bitte gucken!" führe ich den Monolog eine Spur schärfer fort. "Oder soll ich durch den strömenden Regen rennen?" Der Himmel reißt auf und die hübsche Marketenderin geht von Zelt zu Zelt und flirtet mit dem reisenden Volke, dass sich die Balken biegen. Während ich ihr tief in ihren prall gefüllten Ausschnitt gucke, frage ich sie nach dem erquickenden schwarzen Gebräu. Dachte ich zumindest, habe aber wohl nach einem Becher Milch verlangt… Die Gestalt am anderen Ende des Tisches grinst, dafür schlage ich eine rein! Jetzt lacht er! Langsam belebt sich der Platz. Fahrendes Volk aus aller Herren Länder ist auf den Beinen, um an den verschiedenen Ständen mit ihren mannigfaltigen Angeboten zu feilschen. Was wir denn für unsere Geweihe verlangen, fragte ein gut betuchter Fettsack. "Eine Kanne bestens aufgebrühten Kaffee!" antwortete ich ihm. Und sah ihm förmlich an, wie er in Gedanken das edle Gehörn an seinem Stand, für den 100-fachen Wert weiterverkaufen wird. "Das Angebot ist nur 30 Minuten gültig, dann verzwanzigfache ich den Preis!" rief ich ihm hinterher. Zwanzig Minuten später genoss ich den besten Kaffee meines Lebens, und als mein Lagernachbar von seiner Morgentoilette zurückkam und sein Gehörn suchte, setzte ich die Unschuldsmine einer Fünfjährigen auf! Gegenüber unseres Lagers hatte sich eine Schauspieltruppe niedergelassen und ihr Equipment, das da war, ein Pranger, eine Streckbank, ein menschlich Gerippe und ein Schafott, zur allgemeinen Belustigung ausgestellt. Mein Lagernachbar war wohl der Meinung, dass es sich hierbei um ein reisendes Gericht handelt, nutzte die Gelegenheit um mich bei dem Richter, mit dem ich des Nächtens zuvor tüchtig gezecht habe, zu denunzieren.
Mein Kaffee ist jetzt kalt, und mir ist schlecht. War wohl zuviel, des schwarzen Gebräus, das ich mir in meiner Gier reingesoffen habe. Außerdem ist er mittlerweile total bitter. Ich bitte die Gestalt am anderen Ende des Tisches, der sein geschwollenes Gesicht, mithilfe eines rohen Hühnchens, einigermaßen hergerichtet hat, mir ein Bier zu holen. Nicht ohne dabei meine Fingerglieder knacken zu lassen. Es klappt auf Anhieb! Nicht schlecht! Auch das kalte Bier saufe ich natürlich viel zu schnell, und mein Bäuchlein macht mir Zicken. Fürze freilaufen, denke ich mir, und bewege mich langsam über dem, mittlerweile von Menschen gefüllten, Platze. Ich nutze die Gelegenheit, mir bei der Schauspieltruppe die Ausstellung etwas näher anzusehen. Zuviel Kaffee und das kalte Bier lassen meine Eingeweide schrumpfen, und ich speie dem vermeintlichen Richter vor die Füße. Peinlich blicke ich um mich und erkenne den Fettsack, der mir den Kaffee brachte. „Es ist seine Schuld!“ rief ich über den Platz, „Er hat mich verhext!“ Ein Fingerzeig des Richters reichte, und zwei seiner Schergen sprangen auf und fingen den Angeklagten ein. „Aber erst muss ich mich zur Ruhe betten, “ erklärte der Richter, „dann soll Gericht gehalten werden.“ In einem überdimensionalen Käfig aufgehängt, saß der Fettsack zur Belustigung des Pöbels in seinem Gefängnis, wartete auf die Verhandlung und beteuerte immer und jedem seine Unschuld. Davon ließen sich aber die Schaulustigen nicht abhalten, mir, der eiligst mehrere Kisten altes Obst und Gemüse angekarrt hat, die Wurfgeschosse zu völlig überteuerten Preisen abzukaufen.
Mittelalter macht Spaß!
Dass es sich bei meinem Lagernachbarn um einen neugierigen Recken handelte, erwähnte ich? Zumindest versuchte er dem gesamten Ereignis aus nächster Nähe beizuwohnen, rannte also hinter den Häschern des Richters her, als diese den fetten Mann stellten, und entdeckte auf seinem kleinen Tresen „seine“ Geweihe. Die hielt er nun dem Käfiginsassen unter die Nase, und zischte ihn an, ob er auch noch einmal mit dem Richter sprechen müsse. Der Fettsack verneinte und mein Lagernachbar ging mit seiner Habe zufrieden zurück zum Lager. Eigentlich war das ein erfolgreicher Tag, wie in einem Märchen, sozusagen. Der Gierige wird bestraft, den Schlauen lassen sie laufen. Ein bisschen einer Fabel nachempfunden, doch so hat es sich abgespielt, wahrlich! Wenn da nur ein Wort gelogen ist, soll mich der Blitz beim Scheißen treffen!
Ich ging zur Taverne, um mir mit einem Kupferbräu den kotzigen Geschmack aus dem Maule zu spülen. Und noch eins weil ja alles so gut geklappt hat, und eins weil’s gleich Mittag ist. Fünf Gründe fielen mir noch ein, während die gleißende Sonne mir den Schädel malträtierte. Zurück am Lager, saß der Recke, der sein zerschlagenes Gesicht nun an dem prallen Busen der Marketenderin kühlte, bei einem Biere und schien die ihm entgegengebrachte Fürsorglichkeit wohl zu genießen! Auch ich zapfte mir noch ein gutes kupferfarbendes Getränk und setzte mich zu ihm an den Tisch. Doch wieder lässt die Wirkung des kalten Gesöffs nicht lange auf sich warten, und mir verkrampft sich erneut der Magen.
Ich hocke hinter einem Busch, um mich meiner Notdurft zu entledigen, als der Himmel sich zuzieht, ein Grollen, lauter als das aus meinem Bauch, erschallt, und ein Blitz einen knappen halben Meter neben mir in die alte Eiche einschlägt.
Bin ich froh, nichts als die Wahrheit geschrieben zu haben…
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