Verfasst am: 26.11.2012 17:10
Der Aufbau
Den gestrigen, wolkenlosen Tag nutzten wir, um gemeinsam unser Heerlager aufzubauen.
Wir, das sind der Freiherr Michael mit seinem Weib Kristin und deren Junior Luke, der Recke Olaf, der Sven mit seiner Getreuen Nanett und meine Wenigkeit der Knut der mit der Ann-Katrin zusammenlebt, zusammen die
„Freye Sippe zu Crackashardt“
Es lag an der Hitze und unserem geschäftigen Treiben, dass uns der Schweiß im Strömen vom Körper lief. Der ausgemergelte Boden, den wir mit unserem Schuhwerk zu Staub mahlten, wirbelte in der trocknen Luft und klebte an uns und erreichte jede unserer Poren. Doch die Aussicht auf den erfrischenden, mit wohlriechenden Ölen und aromatischen Essenzen versetzten Badezuber, in dem uns auch das eine oder andere gekühlte Bier gereicht würde, ließ unsere Kräfte nicht nachlassen, und wenn doch, dann gaben wir uns gegenseitig Antrieb.
Als die Sonne dann tiefer stand, die Schatten immer länger wurden, und unser Lager Gestalt annahm, entschieden wir, es erst einmal dabei zu belassen. Der Rest wäre morgen schnell erledigt. Gegenseitig klopften wir uns den Staub aus der Kleidung und gingen raschen Schrittes und wohlgemut in die Richtung, in der wir die Taverne und das Badehaus wussten.
Das Badehaus war leer, niemand da, der uns die Plätze im erfrischenden Nass hätte streitig machen können. Jedoch ein Blick in den Zuber verriet uns, dass wir wohl nicht die ersten Gäste des Badehauses wären. Die vorangegangenen Benutzer haben wohl auch ihre Hunde mit ins Wasser, welches nur am Morgen gewechselt wurde, genommen, oder sich darin die Haare geschnitten. Zumindest war diese Brühe nicht mehr dazu geeignet sich zu erfrischen, geschweige denn, sich zu reinigen. Daher beschlossen wir, später im Lager, in der Molle, uns von unseren Weibern den Dreck vom Leibe waschen zu lassen.
Einen Jungen, der sich damit die Zeit vertrieb mit den Resten eines zerbrochenen Pfeils Bilder in den Staub zu malen, schickten wir also zu unserem Lager, damit er den Frauen ausrichte, sie mögen die Mollen vorbereiten, und uns dann Bescheid geben. Eine kleine Kupfermünze gaben wir ihm als Lohn für seine Mühe.
In der Taverne ging es für diese frühe Stunde schon hoch her. Einige Recken soffen hier wohl schon seit der Mittagshitze ihr kühles Bier, denn das Weibsvolk, welches vor der Taverne wartete, zeterte und beschwerte sich, dass ihr Lager noch verpackt auf den Wagen läge und die Kinder zur Nacht gebettet werden müssen.
Wir bahnten uns gemeinschaftlich einen Weg zum Krüger und bestellten uns unsere wohlverdiente Erfrischung. Freiherr Michael ließ sich nicht lumpen, und bezahlte diese Runde um auf einen erfolgreichen Tag mit uns anzustoßen.
Die nächste Runde wollte sich Recke Olaf nicht nehmen lassen, und bestellte die nächsten Biere, die uns so bald auf den Tisch gestellt wurden, ohne dass wir den ersten Krug geleert hatten.
Mit der Bemerkung, dass sein Bier wahrlich ein vorzüglicher Tropfen sei, bestellte ich die nächste Runde, bei der der Krüger, erfreut des Lobes, nicht wirklich auf die Füllmarke achtete sondern sie bis zum Rande gefüllt auf unsere Plätze stellte. Als der Sven sich an der Reihe wähnte zu bestellen, drehte er sich zum Wirt und stellte sich, wohl versehentlich, dabei auf den unbeschuhten Fuß eines Recken, der anscheinend seit der Mittagshitze hier verweilte. Wohl gestresst von dem Gejammer seines Weibes, welches vor der Taverne stand, und mit einer Füllhöhe von wohl an die 20 Kupferfarbenden stieß er unseren Freund zornig von sich und baute sich gleich kampfbereit vor ihm auf. Innerhalb weniger Sekunden befanden wir uns inmitten einer hochmittelalterlichen Tavernenschlägerei.
Krüge zerplatzten, Tische und Stühle zerbarsten! Jeder schien gegen jeden zu kämpfen. Der Krüger versuchte mittels einer dicken Keule seine Habe zu retten und ließ einige Schultern die Farbe des Abendhimmels annehmen, indem er wahllos zuschlug, und dabei eigentlich immer den Richtigen traf.
Dann stand der Marktvogt in der Tür, und es kehrte schlagartig Ruhe ein. Hände die eben noch zur Faust geballt, auf das Auge des Gegenüber schlagen wollten öffneten sich und schlugen ihm zaghaft den Staub aus der Kleidung oder wurden ihm freundschaftlich entgegengehalten. Der Krüger begutachtete den entstandenen Schaden und verlangte von jedem Beteiligten fünf Silberrandmünzen. Dann füllte er die ihm verbliebenen Krüge auf.
Wir tranken noch unseren Krug zur Neige und gingen an die Tür, um zu sehen, ob unsere Weiber mittlerweile die Mollen vorbereitet hätten und uns Bescheid gäben. Aber nichts dergleichen. So entschieden wir, dass wir uns noch ein weiteres Getränk genehmigen.
Den Jungen, der am Süssigkeitenstand auf einem Strohballen saß, Bilder mit den Resten eines zerbrochenen Pfeils in den Staub malte und auf seinem Süßholz herum biss bemerkte keiner von uns.
Weder nach dem nächsten Krug, noch nach dem übernächsten kam die Botschaft, dass die Mollen vorbereitet wären, und so genossen wir den Feierabend, während wir mehrere gut gekühlte Krüge in uns hinein tranken.
„Zeit zum Aufbruch!“ Die Stimme des Freiherrn war unüberhörbar. So setzten wir zu einem letzten Zug an und verließen zufrieden und leicht schwankend die Taverne.
Ob ich denn bitte ihrem Manne ausrichten könne, dass das Lager noch hergerichtet werden müsse fragte mich eins von den keifenden Weibern, die vor der Taverne lauerten. Ich zeigte nur auf mein geschwollenes Auge, schüttelte den Kopf, lächelte sie an und ging mit den Freunden des Weges.
Ein Gejammer erwartete uns, als wir das Lager betraten. Wo wir denn so lange wären und warum wir noch so stänken. Warum wir so zerschlagen sind und wie viele Münzen wir wohl versoffen hätten. Was sie den hätten, fragten wir unsere Weiber und bekundeten, dass das Weibsvolk, welches vor der Taverne auf ihre Männer wartete, wohl mehr Grund zum Zetern hätte. Und warum unsere Mollen so lange bräuchten. Verständnislose Blicke verrieten uns, dass sich der Junge wohl nicht die Mühe machte, den Umweg über unser Lager zu nehmen bevor er seine Münze gegen irgendeinen Firlefanz eintauschte.
Manchmal reicht eben auch ein Eimer kühles Wasser, den man sich über den Kopf schüttet um sich zu erfrischen. Es muss nicht immer ein Badezuber sein.
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